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Orte wie Menschen
Orte wie Menschen. Und Zeiten.
Orte können Freunde sein. Wie Menschen. Sinnbild für kleine Geschichten und große Geschichte, die uns mit ihnen verbindet. Und manchmal sind sie leise. Diese Freunde. Auf solch leise, ausgesprochen zartfühlende Art nähert sich eine Porträtfotografin — Orten. Und Zeiten.
In ihrer aktuellen Ausstellung zeigt die Kölnerin Birgitta Petershagen diesmal nicht Bilder von Personen aus Politik und Business, sondern: Bilder von Orten. Sie porträtiert Plätze — und zwar so, als wären es Menschen. In einem ganz bestimmten Moment.
Dabei verlässt sie sich nicht auf ein einzelnes Genre, sondern wandert mit Einzelbildern und Sequenzen zwischen Architektur, Landschaft, Reportage, Schnappschuss und Abstraktion.
Birgitta Petershagen fotografiert ihre Orte nicht einfach, weil sie bloß fotogen wären. Vielmehr zeigt sie Orte aus genau dem Blickwinkel, mit dem sie auch auf Menschen zugeht. Auf die, die sie porträtiert. Zudem setzt sie ihre Motive in Bezug zueinander, gruppiert sie, lässt sie miteinander spielen, atmosphärisch interagieren — und entlockt ihnen schließlich genau das, was die wahre Kunst des Porträts ausmacht: Sie zeigt, was sie ihr bedeuten. Und zwar genau in der Sekunde des Klicks — jenem magischen moment décisif, den Cartier Bresson beschreibt.
Dabei offenbart sie keine Fassade, entlarvt nicht irgendein Dahinter — auch ein objektiver oder objektivierbarer Anspruch ist nichts, was sie reizt. Es scheint vielmehr ein zart dosiertes Spiel zu sein, dem sie sich hingibt. Mit impressionistisch anmutendem Blick verschwistert sie dafür die Kategorien Ort und Zeit. Die Plätze, die uns in den großformatigen Fotoarbeiten begegnen, sind nämlich gleich wieder vorbei.
Sie offenbaren sich nur für einen kurzen, ausschnitthaften Moment. Und das nicht künstlich perfektioniert, sondern authentisch und sehr persönlich. Manchmal gönnt sie sich sogar den bloßen Schuss nur durch eine Glasscheibe, und der blinde Reflex neben dem Staub zeugt von einem flüchtigen Erlebnis im Vorbeigehen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Intensiv wie ein farbiger Anklang an die schwarzweißen Bilder der Subjektiven Fotografie Otto Steinerts.
Aber dieser Augenblick verweilt nicht im Selbstzweck. Gerade in ihm, der nur einen Lidschlag dauert, strahlen die Arbeiten eine sonderbare Ambivalenz aus: Das luftige, wohlgelaunte Fluidum, das sie versprühen, mischt sich mit einem sanften, zwar chromatisch versüßten, aber doch seltsam zurückhaltenden Impetus. Es ist, als wollten die Motive dem Blick weichen, der ihnen in der Porträtistin wie auch im Betrachter gegenübertritt — als wollten sie ihm den Vorrang lassen. Als träten sie einen Schritt zurück, wissend, dass jedes Bild, das man sich von ihnen macht, immer auch den fotografierenden Menschen selbst in sich birgt. Als sei es kaum möglich, kein Selbstporträt zu machen.
In der Ausstellung, begegnen uns ästhetisch feinfühlige, quadratische Kompositionen, die den geöffneten Betrachterblick berühren, ohne sich ihm aufzudrängen. Das gelingt mit der erfrischenden stilistischen Leichtigkeit, mit der die Fotografin das Quadrat von seinem nüchternen Imago befreit und auf ebenso galante wie nostalgisch verspielte Weise mit einem lebhaften, aber eben doch leisen Hauch von Kindertagen durchströmen lässt.
Tage, in denen erstmals Freunde auch Orte waren. Verklungen und verschwistert mit der Zeit. Verschwistert mit Momenten, die zwar bunt daherkamen, aber nach fast nur einem Hauch schon wieder vorbei waren — und seit je die klassisch melancholische Lust an der Ewigkeit in sich trugen. Wohl jeder kennt das, wohl jeder kann sich darin wiederfinden.
© Martin Timm